Bei der Fliegerei ist eine genaue Planung des Fluges ein notwendiges Übel. Natürlich könnte man einfach in ein Flugzeug springen und spontan irgendwo hinfliegen, wo das Wetter gerade passt. Im Endeffekt ist das jedoch eine reichlich blöde Idee sein, weil man dank der idiotischen deutschen Gesetzgebung mit Flugleiterzwang nie weiß, ob man auf einem Flugplatz überhaupt landen darf, weil man nicht weiß, ob das Wetter gut genug ist, um wieder nach Hause zu kommen, und natürlich weil es schlicht und einfach illegal ist, ohne eine ordentliche Flugvorbereitung zu fliegen.
Der traditionelle Weg
Für eine ordentliche Flugplanung braucht man zunächst einmal eine gültige Karte. ICAO Karten kosten als Satz für ganz Deutschland rund 80€ und werden einmal im Jahr aktualisiert. Wenn sich zwischendurch etwas ändert, weiß die Karte nichts davon. Weil eine ICAO Karte außer der Pistenbeschaffenheit und der Turmfrequenz keine Information über einen Flugplatz enthält, muss man zusätzlich im Fliegertaschenkalender nachsehen, ob und wann ein Platz überhaupt offen hat. Dann muss man sich über Anflug, Abflug und Platzrunde informieren. Das geht am besten mit dem Fliegerkalendar. Eine Anflugkarte aus dem Luftfahrthandbuch für Deutschland (AIP) kann man sich im Aeroclub leihen, anderenfalls kostet das Abo 139€ im Jahr.
Wenn man nun weiß, wohin man eigentlich fliegen möchte, wird es Zeit, sich über das Wetter Gedanken zu machen. Dafür braucht man einen Jahreszugang zu flugwetter.de vom Deutschen Wetterdienst (80€ im Jahr) und darf sich dann über ein konfuses Interface mehr oder minder aussagekräftige Wetterberichte herunterladen.
Ist das Wetter gut genug für den geplanten Flug, muss man sich last but not least noch die sogenannten NOTAMs ausdrucken. NOTAMs sind aktuelle Meldungen über neuerrichtete Hindernisse, Fallschirmsprüng, Segelflüge, Strommasten und alles, was sonst einem sicheren Flug im Wege stehen könnte.
Am Ende hält man einen Stapel DIN-A4 Blätter von der Dicke einer Tageszeitung in der Hand, die man natürlich irgendwo im Cockpit unterbringen muss.
Das ganze Prozedere sollte man als Jungpilot mal gemacht haben, aber wenn wir ehrlich sind gehört es nicht zu den Dingen, die beim Fliegen Freude machen und irgendwie schwachsinnig sind. Deutlich einfacher geht es mit dem iPad und der genialen Jeppesen Mobile FliteDeck VFR App der Version 2.
Die (deutlich) bessere Lösung
Jeppesen Mobile FliteDeck liefert tagesaktuell alle, aber wirklich alle Informationen die man als Pilot für die Planung und Durchführung eines Flugs braucht. Im Unterschied zu vielen anderen Apps, die erst einmal einen Haftungsausschluss zeigen, ist die Anwendung von Jeppesen tatsächlich als Papierersatz gedacht. Das liegt darin, dass Jeppesen einer der größten Hersteller von Luftfahrtkarten ist und zur Zeit konsequent alle Papierprodukte durch ein digitales Produkt ersetzt. Von der FAA wird das so akzeptiert und zertifiziert, in Deutschland hinken wir wie üblich ein wenig hinterher.
Startet man die App, einmal bekommt man die übliche Darstellung einer Landkarte. Sie ist von Design her typisch Jeppesen und schaut ein wenig anders aus als die gewohnt ICAO Darstellung. Das geniale dabei ist die Möglichkeit, mit zwei Finger zu zoomen: Je weiter man in die Karte hinein zoomt, umso detaillierter wird die Darstellung. Von Orten wird nicht nur ein Punkt mit dem Namen angezeigt, sondern ein Überblick über das Straßennetz, der die Form erahnen lässt – und sie aus der Luft viel eindeutiger Identifizieren lässt.
Spannend wird es bei der Darstellung von Flughäfen: ab einer gewissen Nähe wird die Platzrunde im Detail angezeigt. Gegenden, die möglichst nicht überflogen werden sollen, werden schraffiert dargestellt. Selbstverständlich wird die Platzrundenhöhe eingeblendet, genauso wie die getrennten Platzrunden für Motorflugzeuge, Ultraleichtmaschinen und Segelflieger.
Zoomt man noch weiter hinein, bekommt man detailierte Rollkarten präsentiert, mit Positionen von Gates, Tankstellen und Windfahnen. Tippt man auf einen Flughafen, gibt es Informationen wie Funkfrequenzen, Pistenlänge und Beschaffenheit, Öffnungszeiten, Treibstoffversorgung, Telefonnummer und NOTAMS und aktuelle Wettermeldungen.
Integriertes Flugwetter
Die neueste Version der App setzt noch einen drauf: sie beinhaltet aktuelle Wetterdaten mit Prognose für drei Tage. Wie auf einer GAFOR-Anzeige wird auf Knopfdruck die gesamte Karte entsprechend der vorherrschenden Wetterbedingungen eingefärbt.
In den grünen Bereichen kann man ohne Wetterhemmnisse unterwegs sein navigieren, bei gelben ist mit schlechterem Wetter in Form von Böen oder niedrigen Wolken zu rechnen, bei oranger oder roter Darstellung sollte man lieber nicht starten. Ab einer gewissen Zoomstufe zeigen Piktogramme die Art der Beschränkung. Wenn man auf einen Bereich klickt, wird die genaue Einschränkung wie Wolkenhöhe oder Sichtweite in einem Extrafenster angezeigt.
Im Unterschied zur klassischen GAFOR-Darstellung werden nicht nur Bewölkung und Sichtweite, sondern auch Böen und Niederschläge berücksichtigt. Damit reicht die Darstellung für eine Go/No-Go Entscheidung aus, man sieht auf einen Blick, wo und wann man fliegen kann.
Ein Slider ermöglicht es, unterschiedliche Vorhersagezeiträume zu betrachten oder als Film abspielen zu lassen. So kann man zusehen, wie ein Schlechtwettergebiet durchs Land zieht.
Zusätzlich gibt es noch eine Darstellung der vorherrschenden Winde in unterschiedlichen Flughöhen, die auch in der Flugplanung übernommen werden.
In der Praxis hat sich die Jeppesen MobileFlite App bei den Alleinflügen während meiner Ausbildung bestens bewährt. Dank des fließenden Übergangs der Darstellung zwischen Strecke und Platzrunden kann man auch als blutiger Anfänger präzise navigieren und gewinnt bei Flügen zu fremden Plätzen erheblich an Sicherheit.
Konzentration auf das Wesentliche
Während andere Navigations-Apps Gimmicks wie klassische Fluginstrumente oder eine virtuelle Darstellung der Sicht aus dem Cockpit bieten, konzentriert sich die Jeppesen Mobile FliteDeck App auf die Kartensicht. Meiner Ansicht nach macht diese Reduzierung absolut Sinn, weil man als Pilot wahrlich Besseres zu tun hat, als darüber nachzudenken, welche Ansicht doch die Beste ist. Als Flieger von Vereinsmaschinen ohne iPad-Halterung landet das Gerät sowieso auf dem Kniebrett, was soll man da mit einer virtuellen Landschaftsdarstellung?
Das einzige, was ich mir wirklich wünschen würde, wäre eine Anbindung an X-Plane, Prepar3D oder den Microsoft Flight Simulator, damit mit man mit dem Programm zuhause trainieren kann.
Und wenn man doch Papier braucht?
Es soll einige Behördenmenschen geben, die unbedingt eine Flugvorbereitung auf Papier sehen wollen. Deswegen haben wir im AeroClub ja auch so viele Drucker herumstehen. Nach dem Gesetz soll die Darstellung aktuell und zweckmäßig sein, und genau das liefert die Mobile FliteDeck App. Wer eine Papiervariante braucht – was als Backup immer zu empfehlen ist – kommt nicht umhin, Bildschirmfotos zu machen und diese dann auszudrucken. Eine Druckfunktion bietet die App leider nicht.
Preise
Für Deutschland kostet Jeppesen Mobile FliteDeck VFR stolze €229 im Jahr. Es gibt eine DACH-Version für 299€ und eine Europa-Variante für 349€, jeweils inkl. Mwst..
Auf den ersten Blick mag das teuer erscheinen, aber wenn man sich die ICAO Karten für 80€, den Flugwetter-Zugang für weitere 80€ und die AIP für weitere 139€ im Jahr zusammenrechnet, kommt man auf stolze 299€ – und das nur für die deutschlandweite Abdeckung! Im Vergleich dazu ist die Jeppesen-App ein Schnäppchen.
Wer möchte, kann die App 30 Tage lang kostenlos testen. Hier ist der entsprechende Link zum App Store: Jeppesen Mobile FliteDeck VFR
Leider ist die App zur Zeit nur fürs iPad erhältlich, auf dem iPhone oder auf Android Geräten funktioniert sie nicht.
Vielen Dank für diese Zusammenfassung und die Bilder aus der App.
Ich war mir nicht sicher, ob ich das Geld für den Zugang investieren soll, weil Erfahrungen darüber nicht so verbreitet sind. Nun ist mein Entschluss gefallen!
Vielen Dank – sehr nützlich. Ich spiel grad mit dem Gedanken komplett auf das papierlose Cockpit umzusteigen.
Frage noch – benötige ich für’s IPad eine Datenverbindung während des Fluges oder reicht das integrierte GPS. Für Downloads würde ja eine WLAN-Verbindung ausreichen.
lieber Gruß
Helmut
Hallo Helmut,
Das komplett papierlose Cockpit habe ich bislang nicht gewagt – ich hab immer noch den Air Million von Deutschland dabei, für den äußersten Notfall. Eine Datenverbindung fürs iPad brauchst Du eigentlich nicht, da praktisch alles offline vorhanden ist. Nur das Wetter wird offline nicht geupdated. Ich habe bisher auch gute Erfahrungen mit einem externen GPS gemacht, da das interne GPS je nach Flugzeug entweder ungünstig liegt, sehr viel Batteriestrom zieht und ggf. auch leicht überhitzt.
Liebe Grüße,
Johannes