Was bei Sportwagen der Porsche 911 darstellt ist in der Luftfahrt die Cessna 170/172: ein Dauerläufer, preiswert, zuverlässig, robust, leicht zu fliegen, ungeheur populär – und nach über 20 Jahren Produktionszeit vollkommen überholt.
Das Platzangebot ist mässig, die Zuladung bescheiden, die Geschwindigkeit – na ja, mit Einziehfahrwerk mags gehen. Im Vergleich zu modernen Mustern sieht die Skyhawk verdammt alt aus. Die steile Windschutzscheibe, die überflüssigen Verstrebungen…sollte so die Zukunft der allgemeinen Luftfahrt aussehen?
Aus diesen Überlegungen wurde in den 60er Jahren die Cessna 177 Cardinal als Nachfolger der Skyhawk entwickelt. Auf den ersten Blick sieht die Neue der Cessna 172 ähnlich, auf dem zweiten Blick jedoch merkt man, dass es sich um ein vollkommen neues Modell handelt: die Windschutzscheibe steht schräger, die Verstrebungen fehlen, die Türen sind deutlich größer, satt und breit duckt sie sich flach über dem Boden. Die Cessna Cardinal ist unheimlich elegant und wirkt neben Ihrer Vorgängerin wie ein 80er Jahre Porsche G-Modell neben einem wassergekühlten 996.
Öffnet man die riesigen, im 90° Winkel öffnenden Türen, findet man jede Menge Platz. Die Vordersitze sind weit nach vorne gerückt, so dass der Pilot sich vor den Tragflächen befindet und – einmalig – eine ungehinderte Sicht zur Seite genießen darf. Kein anderes Flugzeug ermöglicht Rollstuhlfahrern einen dermaßen bequemen Einstieg. Auf den Rücksitzen dürfen die Passagiere eine Beinfreiheit genießen, die man normalerweise nur in einer Mercedes S-Klasse in Langversion findet.
Wie bei den Porschefahrern sind auch die Cessna-Treiber konserativ: statt des gewohnten Sechszylinder-Lycoming-Triebwerks mit 145 PS befand sich anfanges aus Gewichtsgründen ein 4-Zylinder –Boxermotor von Continental unter der Haube. Wegen des etwas größeren Gewichts galt die Cardinal als gnadenlos untermotorisiert. Noch schlimmer war jedoch, dass die Cardinal sich ein ganz klein wenig anders flog als die Skyhawk und vielleicht nicht ganz so gutmütig war. Cessna besserte sofort nach, aber es nutzte nichts: ihren schlechten Ruf wurde die 177 nie los.
Dabei ist sie ein wirklich überzeugendes Flugzeug: schon ein Jahr nach der Präsentation wurde die 177A mit 180 PS vorgestellt, die das Modell 11 Knoten schneller machte und damit in Preis und Leistung zwischen die Cessna 172 und die Cessna 182 rückte. Besonderen Luxus bot die Cardinal Classic, die unter anderem mit üppigen Lederpolstern ausgestattet war.
Krönung der Baureihe war die Cessna 177 RG mit Einziehfahrwerk, die ab 1971 erhältlich war: mit 200PS flog sie weitere 22kt schneller als die 177B und konnte zudem 150kg mehr tragen! Die Produktion der Cardinal 1978 wurde nach 4300 Exemplaren eingestellt. Eigentlich schade. Heute ist die Cardinal ein gesuchter Oldtimer, wer nach der Pilotenausbildung auch nur einmal damit geflogen ist, wird nichts anderes mehr fliegen wollten!
Datenblatt Cessna 177 Cardinal |
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Abmessungen | Spannweite | Länge | Höhe | Kabinenbreite | |||
10,82 m | 8,44 m | 2,62 m | 1,21 m | ||||
Hersteller | Cessna Aircraft Company (USA), cessna.com | ||||||
Varianten | 177 Cardinal | 177 B Cardinal | Cardinal 177 RG | ||||
Motor | Lycoming O-320-E2D |
Lycoming O-360-A1F6D |
Lycoming SR305-230-C1 |
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Leistung | 150 PS | 180 PS | 200 PS | ||||
V(stall) | 46kt | 53kt | 50kt | ||||
V(Reise) | 119kt (215 km/h) | 124kt (230 km/h) | 148kt (274 km/h) | ||||
Startrollstrecke | 480m | 427 m | 483 m | ||||
Steigleistung | 670fpm | 840fpm | 925 | ||||
Dienstgipfelhöhe | 12.700 ft | 14.600 ft | 17.100 ft | ||||
Verbrauch | 7 Gal/h | 7 Gal/h | 7,5 Gal/h | ||||
Reichweite | 590nm | 850nm | 888nm | ||||
Leergewicht | 700 kg | 680 kg | 772 kg | ||||
Zuladung | 460 kg | 420 kg | 502 kg | ||||
Neupreis | $14.500 (1968) | $442.500 (2012) | $43.950 (1977) |
Weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Cessna_177