Wie wir im vorherigen Kapitel erfahren haben, war die Piper J-3 Cub ein wunderbar primitives Trainingsflugzeug, welches für den normalen Gebrauch hingegen…nun, ich möchte nicht sagen vollkommen nutzlos, aber doch irgendwie…suboptimal war. Selbst bei der Pilotenausbildung möchte der Fluglehrer vielleicht in der Lage sein, seinem (noch) vollkommen unfähigen Flugschüler zumindest mit erhobenem Zeigefinger das Instrument deutlich zu machen, welches er vernachlässigt hat.
Kreative Resteverwertung
Nach dem 2. Weltkrieg hatte der einst so erfolgreiche Flugzeugbauer Piper mit einem extremen Einbruch der Auftragslage zu kämpfen, man stand quasi vor dem Bankrott. Die Nachfrage nach Piloten ist ins Bodenlose gefallen, und gleichzeitig kamen tausende von Flugzeugen zurück von der Front. Piper ging den pragmatischen Weg, also entschied man sich auf Druck der Gläubiger dazu, die erfolgreiche Cub in Rekordzeit zu einem moderneren Muster auszubauen, bei dem Pilot und Passagier (bzw. Trainer) nebeneinander sitzen konnten.
Die Spannweite wurde ein wenig verkleinert, die „Short Wing Piper“ war geboren. Im Vergleich zur Cub ist das Flugzeug in wenig schneller und lässt sich auch mit einer höheren Rollrate durch Kurven manövrieren. Die Ausstattung blieb spartanisch: nur ein Steuer auf der linken Seite, eine einzelne Tür, kein gefedertes Fahrwerk, keine Elektrik, kein Anlasser, nicht einmal ein Fach für Gepäck war vorgesehen. Diese Sparversion nannte sich „PA-15 Vagabond“.
Da man seinerzeit mit dem auskommen musste, was an Teilen in der Fabrik herumlag, hatte sich die PA-15 mit dem 65 PS Motor der Cub zu begnügen. Da diese Konfiguration nicht das Gelbe vom Ei war folgte kurze Zeit später die Variante PA-17 mit einem deutlich spritzigeren 108 PS Motor von Lycoming.
Parallel zu den beiden Zweisitzern entstand die viersitzige „PA-16 Clipper“, die mit der Cessna 170 konkurrierte.
Die PA-16 wurde nur ein Jahr lang gebaut. Weil wegen Rechtsstreitigkeiten der Name „Clipper“ nicht verwendet werden durfte, entschied man sich, die mit modernen Steuerhörnern ausgestattete Weiterentwicklung unter dem Namen „PA-20 Pacer“ zu verkaufen.
Die Piper Tripacer mit modernem Fahrwerk
Schon 1952 folgte die „PA-22 Tripacer“. Sie verfügte nicht nur über ein modernes Fahrwerk mit Bugrad, sondern gab dem Piloten auch die Möglichkeit, Quer- und Seitenruder miteinander zu verbinden, und so entweder mit den Händen oder den Füßen zu steuern. Außerdem war sie die erste Piper mit Landeklappen. Für die Passagiere gab es zwei Türen: die eine befand sich vorne rechts für die vorderen Plätze, während eine zweite Tür hinten links Zugang zur Rückbank bot.
Im Vergleich zu der guten alten Cub bekamen die Pacer-Modelle richtig Power: musste sich der Pilot anfangs mit den 108 PS aus der Vagabond begnügen, so wurde in rascher Folge Motoren mit bis zu 160 PS angeboten. Manche dieser Modelle wurden zwischenzeitlich auf 180 PS gebracht. Mit soviel Leistung macht die Pacer richtig Freude – selbst die kleineren Modelle gelten bis heute als schneller als die vergleichbaren Konkurrenzmodelle von Cessna.
Zwischen 1950 und 1965 entstanden immerhin rund 10,000 Exemplare der Pacer Modelle, die meisten davon Tripacer. Weil neuerdings viele Piloten ein Spornradfahrwerk bevorzugen, gibt es inzwischen einen offiziellen Umbau, mit der man seine PA-22 in eine sogenannte PA-22/20 verwandeln kann.
1961 wurde die letzte „Short Wing“ herausgebracht: Die zweisitzige „PA-22 Colt“ diente als Schulflugzeug und wurde in drei Jahren 2.000 mal gebaut, bevor sie durch die Piper PA-28 Cherokee ersetzt wurde.
Heute sind die „Short-Wing Pipers“ beliebte Oldtimer. Die Leistungswerte sind auch aus heutiger Sicht in Ordnung, das Cockpit bietet genügend Platz für moderne Erweiterungen. Gerade mit Spornrad und starkem Motor ist die Piper das romantische Hotrod unter den Flugzeugen, während eine „Colt“ durchaus eine Alternative sein kann, wenn man gezielt nach einem preiswerten Flugzeug sucht.
Piper Pacer / Tripacer Technische Daten |
||||||
Abmessungen | Spannweite | Länge | Höhe | Kabinenbreite | ||
8,92 m | 5,69 – 6,25 m | 2,45 m | – m | |||
Hersteller | Piper Aircraft, Inc. (USA), piper.com | |||||
Varianten | PA-15 | PA-22 125 | PA-22 160 | |||
Motor | Lycoming O-145 |
Lycoming O-290-D |
Lycoming 0-320-B2A |
|||
Leistung | 65 PS | 125 PS | 160 PS | |||
V(stall) | 39 kt (70 km/h) | 45 kt (81 km/h) | 46 kt (83 km/h) | |||
V(Reise) | 78 kt (140 km/h) | 110 kt (198 km/h) | 117 (211 km/h) | |||
Startrollstrecke | 1.570ft | 1.620 ft | 1.620 ft | |||
Steigleistung | 530 ft/min | 550 ft/min | 800 ft/min | |||
Dienstgipfelhöhe | 12.200ft | 15.000 ft | 16.500 ft | |||
Verbrauch | 4,5 gph | 7,7 gph | 9,5 gph | |||
Reichweite | 250 nm | 580 nm | 536 nm | |||
Leergewicht | 281 kg | 498 kg | 503 kg | |||
Zuladung | 217 kg | 408 kg | 403 kg |
Die virtuelle Short Wing Piper
Von der Firma Lionheart Creations gibt es für FSX und Prepar3D eine sehr gute Umsetzung der Short Wing Piper, von der u.a. das Foto stammt (auf deutschen Flugplätzen ist sie ja ein eher seltener Gast). Mit dabei sind eine Reihe Varianten, darunter solche mit Buschfahrwerk, Schwimmern und eine hochgerüstete Hot-Rod Short Wing Piper. Lesenswert ist auch das beiliegende Handbuch.